1. Was gilt rechtlich für Arbeitnehmer:innen aus Deutschland bei Workation im Ausland?
Steuerrecht
- 183-Tage-Regel: Solange der Aufenthalt im Ausland nicht länger als 183 Tage im Jahr dauert, bleibt der Arbeitnehmer in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig – vorausgesetzt, das Gehalt wird weiterhin von einem deutschen Arbeitgeber gezahlt und nicht von einer ausländischen Betriebsstätte ausgezahlt.
- Wird diese Grenze überschritten, kann Steuerpflicht im Ausland entstehen – abhängig vom jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).
- In einigen Ländern gelten Zusatzregeln: etwa in der Schweiz bereits ab 30 Tagen Aufenthalt, in Norwegen muss direkt ab dem ersten Tag die Steuerklärung erfolgen.
Sozialversicherung
- Innerhalb der EU/EWR und Schweiz: Es gilt weiterhin deutsches Sozialversicherungsrecht, sofern eine A1-Bescheinigung vorliegt – bis maximal 24 Monate bei echter Entsendung.
- Ab Juli 2023 erlaubt eine neue multilaterale Rahmenvereinbarung, dass bis zu 49,99 % der Arbeitszeit im Wohnsitzstaat erbracht werden können und dennoch deutsches Sozialrecht gilt – bei Erfüllung der Voraussetzungen.
- Außerhalb der EU hängt es stark vom jeweiligen Sozialversicherungsabkommen ab. Ohne solches besteht die Gefahr der Doppelversicherung oder des Verlusts des deutschen Schutzes.
Arbeits- und Aufenthaltsrecht
- Innerhalb der EU/EWR und Schweiz genügt meist die Freizügigkeit, dennoch können Meldepflichten bestehen.
- Bei Aufenthalten länger als 4 Wochen oder außerhalb der EU können Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnisse erforderlich sein.
2. Unterscheidet sich das je nach Land?
Ja, je nach Zielland bestehen unterschiedliche Anforderungen:
- EU/EWR & Schweiz: A1-Bescheinigung notwendig, Entsendung möglich, sozialversicherungsrechtlich gut geregelt.
- Schweiz: Zusätzlich ab 30 Tagen steuerrechtlich meldepflichtig.
- Norwegen: Steuererklärung erforderlich ab Tag 1.
- Belgien & Dänemark: Anmeldungspflichten (z. B. LIMOSA-Meldung in Belgien).
- Nicht-EU-Staaten (z. B. Thailand): Kein Sozialversicherungsschutz durch Deutschland, ggf. pausenloser oder neuer Vertrag nötig, eventuell freiwillige Beitragszahlung sinnvoll.
3. Was ist bei der Lohnabrechnung wichtig?
Steuer und Gehaltsaufteilung
- Klare Dokumentation der Aufenthaltstage: Unterscheidung zwischen inländischer und ausländischer Tätigkeit steuerlich relevant.
- Lohnsteuerverteilung: Bei Überschreiten der 183-Tage-Grenze kann eine Aufteilung nötig sein oder Lohnsteuer im Ausland fällig werden.
- Betriebsstättenrisiko: Längere Workation, insbesondere mit fester Arbeitsstätte, kann zur Gründung einer Betriebsstätte im Ausland führen — mit weitreichenden steuerlichen Folgen.
Sozialversicherung
- A1-Bescheinigung beantragen und aufbewahren – maßgeblich für die Fortgeltung deutschen Sozialrechts.
- Alternative Regelungen nutzen, z. B. die 49,99 %-Regelung bei Telearbeit im Grenzgebiet.
- Ohne Abkommen: ggf. freiwillige deutsche Beiträge oder Abschluss ausländischer Versicherungen sinnvoll.
Arbeits- und Meldepflichten
- Zusatzvereinbarung zum Vertrag: Aufenthaltsdauer, Erreichbarkeit, Rückkehr, Rechtswahl & Haftung klären.
- Meldepflichten im Zielland beachten, insbesondere bei längeren Aufenthalten.
4. Wie informiert man sich am besten über individuelle Regelungen?
- Steuerberater oder Fachanwalt für internationales Steuerrecht: Unverzichtbar bei komplexeren Fällen.
- Krankenkassen / Deutsche Verbindungsstelle (DVKA): Für sozialversicherungsrechtliche Fragen und A1-Anträge.
- Arbeitgeberseitig: Entwicklung von Workation-Policies oder Zusatzvereinbarungen, klare interne Arbeitsabläufe, ggf. Betriebsratsbeteiligung.
- Behörden und Online-Ratgeber: z. B. Smartsteuer, BARMER, IHK, EY, Haufe, Personio etc.
Fazit & Taxmaro-Praktiktipps
- Planung & Dauer beachten: Kurzfristige Workations (unter 183 Tagen) bleiben meist steuer- und sozialversicherungsrechtlich unproblematisch.
- Zielland differenzieren: Jede Destination bringt eigene Regeln mit – besonders bei Steuer- und Sozialversicherungspflichten.
- Vertragsgestaltung: Pflichtlektüre: Zusatzvereinbarungen, A1-Bescheinigung, klare Regelungen zu Zeit, Rechtswahl, Versicherung, Rückkehr.
- Experten einbinden: Steuerberater, Kassen, Arbeitsrechtler – diese vermeiden böse Überraschungen.
- Transparenz bewahren: Dokumentation aller Aufenthalte, Verpflichtungen & Abrechnungen – speziell bei Grenzregelungen.