Vertraglich vereinbarte Arbeitszeit: Was passiert, wenn Arbeitnehmer sie nicht erfüllen?

October 7, 2025

Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit bildet den Kern jedes Arbeitsverhältnisses. Doch was passiert, wenn Arbeitnehmer ihre Sollarbeitszeit nicht erfüllen? Können Stunden nachgeholt werden, welche Grenzen gibt es und welche Konsequenzen drohen Arbeitgebern, wenn sie nicht auf die Einhaltung achten?

Was bedeutet „vertraglich vereinbarte Arbeitszeit“?

Die Arbeitszeit ist im Arbeitsvertrag festgelegt (§ 611a BGB). Sie regelt, wie viele Stunden pro Tag, Woche oder Monat gearbeitet werden muss. Arbeitnehmer sind verpflichtet, diese Arbeitszeit einzuhalten – andernfalls liegt eine Pflichtverletzung vor.

Was passiert, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit nicht erfüllen?

  • Arbeitszeitdefizit: Fehlen Arbeitnehmer ohne Genehmigung oder arbeiten sie kürzer, handelt es sich um eine Verletzung der Hauptleistungspflicht.
  • Lohnkürzung: Nicht erbrachte Arbeitszeit muss nicht vergütet werden (§ 326 Abs. 1 BGB).
  • Arbeitsrechtliche Maßnahmen: Wiederholte Verstöße können Abmahnungen oder sogar Kündigungen nach sich ziehen (§ 626 BGB – fristlose Kündigung bei Pflichtverletzung).

Kann die Arbeit nachgeholt werden?

Arbeitgeber können verlangen, dass Arbeitszeit innerhalb des Arbeitszeitkontos nachgeholt wird – soweit dies mit den gesetzlichen Grenzen vereinbar ist:

  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG, § 3): Maximal 8 Stunden pro Tag, erweiterbar auf 10 Stunden bei Ausgleich innerhalb von 6 Monaten.
  • Ruhezeiten (§ 5 ArbZG): Mindestens 11 Stunden zwischen zwei Arbeitstagen.
  • Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 9 ArbZG): Grundsätzlich verboten, Ausnahmen nur unter engen Voraussetzungen.

Ein „Nacharbeiten“ über diese Grenzen hinaus ist unzulässig.

Welche Risiken drohen Arbeitgebern, wenn sie nicht auf Einhaltung achten?

  • Bußgelder bis 15.000 € (§ 22 ArbZG), wenn Mitarbeiter länger als erlaubt arbeiten oder Pausen missachtet werden.
  • Haftungsrisiken: Bei Unfällen während unzulässiger Mehrarbeit können Arbeitgeber verantwortlich gemacht werden.
  • Nachzahlungen: Wird Arbeitszeit falsch erfasst oder vergütet, drohen Lohn- und Sozialversicherungsnachforderungen.
  • Organisationsverschulden: Arbeitgeber sind verpflichtet, die Einhaltung der Arbeitszeit zu überwachen.

Wie können Arbeitgeber verhindern, dass Sollarbeitszeiten nicht eingehalten werden?

  1. Digitale Zeiterfassung: Seit dem BAG-Urteil vom 13.09.2022 (Az. 1 ABR 22/21) sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeit systematisch zu erfassen.
  1. Klare Arbeitszeitregelungen: Im Arbeitsvertrag oder in Betriebsvereinbarungen festlegen.
  1. Arbeitszeitkonten: Transparente Modelle für Plus- und Minusstunden einführen.
  1. Kontrolle durch Führungskräfte: Regelmäßige Auswertung von Abweichungen.
  1. Kommunikation & Schulung: Mitarbeiter für Arbeitszeitpflichten sensibilisieren.

Wann verfallen Ansprüche von Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

  • Arbeitsvergütung: Ansprüche verfallen in der Regel nach 3 Jahren (§ 195 BGB, regelmäßige Verjährung), sofern keine kürzeren Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbart sind.
  • Überstundenvergütung: Kann ebenfalls durch Ausschlussfristen verfallen (§ 199 BGB).
  • Arbeitgeberansprüche auf Arbeitsleistung: Erfüllen Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit nicht, kann der Arbeitgeber nicht mehr rückwirkend die „Arbeitsleistung“ verlangen, sondern nur Kürzung des Entgelts oder arbeitsrechtliche Sanktionen.

Rechtliche Grundlagen im Überblick

  • § 611a BGB – Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung
  • § 326 Abs. 1 BGB – Kein Anspruch auf Vergütung bei nicht erbrachter Leistung
  • § 626 BGB – Fristlose Kündigung bei schwerer Pflichtverletzung
  • §§ 3, 4, 5 ArbZG – Höchstarbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten
  • § 22 ArbZG – Bußgelder bei Verstößen
  • § 195 BGB – Verjährung von Ansprüchen
  • Tarif- und Arbeitsverträge – Ausschlussfristen können kürzere Verfallszeiten festlegen

Fazit

Wenn Arbeitnehmer ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit nicht erfüllen, haben Arbeitgeber das Recht, Lohn zu kürzen oder arbeitsrechtliche Maßnahmen einzuleiten. Nacharbeiten ist nur im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes zulässig. Arbeitgeber sind verpflichtet, auf die Einhaltung zu achten – andernfalls drohen Bußgelder, Haftung und Nachzahlungen. Durch digitale Zeiterfassung, klare Regeln und Ausschlussfristen lassen sich Risiken minimieren und Streitigkeiten vermeiden.

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Laura Stapf

Marketing-Spezialistin

Bei Taxmaro entwickle ich Strategien für einen wirkungsvollen Social-Media-Auftritt. Zudem verfasse ich Fachartikel im Blog zu Themen rund um HR und Lohnbuchhaltung und verbinde dabei fachliche Expertise mit praxisnahen Einblicken.