Grundsatz: Kombination ist problematisch
Rein rechtlich ist es möglich, dass eine Person gleichzeitig ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (Minijob) und eine freiberufliche Tätigkeit (Freelancer) beim gleichen Unternehmen hat. In der Praxis prüfen jedoch die Sozialversicherungsträger und Finanzbehörden sehr genau, ob tatsächlich eine echte Selbstständigkeit vorliegt oder ob ein Fall von Scheinselbstständigkeit gegeben ist.
Rechtliche Grundlagen
- § 7 Abs. 1 SGB IV: Abhängige Beschäftigung liegt vor, wenn Arbeitnehmer weisungsgebunden und in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sind.
- § 611a BGB: Arbeitsvertrag verpflichtet den Arbeitnehmer zur persönlichen Arbeitsleistung.
- § 2 Nr. 9 SGB VI: Scheinselbstständige können zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung führen.
- Minijob-Regelung (§ 8 SGB IV): Einkommen bis 538 € monatlich (Stand 2025) ist sozialversicherungsfrei, wenn es sich um ein echtes Beschäftigungsverhältnis handelt.
Konsequenzen für den Arbeitgeber
- Scheinselbstständigkeit: Wird die freiberufliche Tätigkeit als „verschleiertes Arbeitsverhältnis“ gewertet, haftet der Arbeitgeber rückwirkend für alle Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil).
- Lohnsteuer-Nachforderungen: Das Finanzamt kann Nachzahlungen fordern, wenn Honorare fälschlich als selbstständig abgerechnet wurden.
- Bußgelder: Bei vorsätzlicher Umgehung von Sozialversicherungsbeiträgen drohen Strafverfahren (§ 266a StGB – Vorenthalten von Arbeitsentgelt).
- Reputationsrisiken: Prüfungen durch Rentenversicherung oder Zoll können öffentlichkeitswirksam sein.
Konsequenzen für den Arbeitnehmer
- Verlust der Minijob-Privilegien: Wird die Tätigkeit als einheitliches Arbeitsverhältnis gewertet, entfällt die Sozialversicherungsfreiheit.
- Steuerliche Nachteile: Einkünfte aus vermeintlicher Selbstständigkeit können nachträglich als Arbeitslohn eingestuft werden.
- Rückforderungen: Sozialleistungen wie Familienversicherung oder BAföG können rückwirkend entfallen.
- Rentenversicherungspflicht: Scheinselbstständige werden nachträglich zur Zahlung verpflichtet.
Wann ist eine Kombination möglich?
Eine echte Kombination ist nur dann möglich, wenn:
- die freiberufliche Tätigkeit klar abgegrenzt ist (z. B. völlig andere Aufgaben als im Minijob),
- der Arbeitnehmer eigenverantwortlich handelt, ohne Weisungsgebundenheit und ohne Integration in die Betriebsabläufe,
- ein korrekter Dienst- oder Werkvertrag abgeschlossen wird, der die Merkmale der Selbstständigkeit erfüllt (z. B. eigene Arbeitsmittel, freie Zeiteinteilung, eigenes unternehmerisches Risiko).
Praxisbeispiel
Ein Arbeitnehmer arbeitet als Minijobber in der Buchhaltung eines Unternehmens (abhängige Beschäftigung). Zusätzlich soll er als „freier Webdesigner“ eine Firmenwebsite erstellen. ➡ Wenn der Webdesigner-Auftrag projektbezogen, eigenständig und mit eigener Rechnungsstellung erfolgt, kann dies eine echte freiberufliche Tätigkeit sein. ➡ Arbeitet er jedoch regelmäßig, unter Weisungen und mit denselben Ressourcen wie Angestellte, liegt Scheinselbstständigkeit vor.
Fazit
Arbeitnehmer können nicht ohne Weiteres gleichzeitig als Minijobber und Freelancer beim selben Arbeitgeber tätig sein. Arbeitgeber riskieren bei falscher Handhabung hohe Nachzahlungen, Bußgelder und strafrechtliche Folgen, Arbeitnehmer den Verlust der Minijob-Privilegien. Zulässig ist die Kombination nur, wenn die Tätigkeiten klar voneinander getrennt sind und die Selbstständigkeit den rechtlichen Kriterien entspricht.