⚖️ Gesetzliche Grundlage: Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Eine Kündigung wegen Krankheit ist eine personenbedingte Kündigung nach dem § 1 Abs. 2 KSchG. Sie kommt nur infrage, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt, sind:
- Negative Gesundheitsprognose: Es muss absehbar sein, dass der Mitarbeiter auch künftig für längere Zeit oder wiederholt arbeitsunfähig sein wird.
- Erhebliche betriebliche Beeinträchtigung: Die Fehlzeiten müssen zu konkreten Belastungen für den Betrieb führen – z. B. Organisationsprobleme, Produktionsausfälle oder erhebliche Entgeltfortzahlungskosten.
- Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers: Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses muss dem Arbeitgeber unzumutbar sein. Dabei wird auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter und die bisherige Leistung berücksichtigt.
- Kein milderes Mittel: Der Arbeitgeber muss prüfen, ob eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, eine Arbeitszeitreduzierung oder Anpassung der Aufgaben möglich ist. Erst wenn das nicht zumutbar ist, darf gekündigt werden.
🏥 Betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) nach § 167 Abs. 2 SGB IX
Das bEM ist gesetzlich vorgeschrieben, wenn ein Mitarbeiter innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer ein bEM anbieten, der Arbeitnehmer kann aber die Teilnahme ablehnen.
Wichtig:
- Das bEM ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung,
- aber wird es unterlassen, trägt der Arbeitgeber im Streitfall eine höhere Beweislast, dass keine milderen Mittel möglich waren (BAG, Urteil vom 20.11.2014 – 2 AZR 755/13).
Das bEM sollte daher immer schriftlich angeboten und dokumentiert werden.
🔁 Unterschied zwischen Langzeit- und Kurzzeiterkrankung
- Langzeiterkrankung: Eine Kündigung kann zulässig sein, wenn der Mitarbeiter mehr als sechs Monate arbeitsunfähig ist und keine Genesung in Sicht ist.
- Häufige Kurzerkrankungen: Bei regelmäßig wiederkehrenden, kurzen Krankheiten über mehrere Jahre kann eine Kündigung ebenfalls gerechtfertigt sein – wenn eine negative Gesundheitsprognose besteht und der Betrieb erheblich belastet wird (BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 400/08).
- Sonderfälle: Während der Krankheit selbst darf nicht „wegen der Krankheit an sich“ gekündigt werden, sondern nur, wenn die dauerhafte Leistungsunfähigkeit eine betriebliche Beeinträchtigung verursacht.
🧾 Beteiligung des Betriebsrats
In Betrieben mit Betriebsrat ist dieser vor jeder Kündigung nach § 102 BetrVG anzuhören. Eine Kündigung ohne ordnungsgemäße Anhörung ist formell unwirksam – selbst wenn sie materiell begründet wäre.
💶 Konsequenzen für den Arbeitgeber
Eine fehlerhafte oder vorschnelle Kündigung wegen Krankheit kann schwerwiegende Folgen haben:
- Unwirksamkeit der Kündigung und Weiterbeschäftigungspflicht (§ 9 KSchG)
- Nachzahlung von Lohn bei Kündigungsschutzklage
- Kosten für Abfindung oder Prozessvergleich
- Reputationsrisiken bei Verstößen gegen das BEM oder Diskriminierungsvorwürfen
Darum sollte jede krankheitsbedingte Kündigung individuell rechtlich geprüft und dokumentiert werden.
📆 Umgang mit Urlaub bei Krankheit und nach Kündigung
Nach dem Bundesurlaubsgesetz (§§ 9, 7 BUrlG) gilt:
- Erkrankung während des Urlaubs: Diese Tage gelten nicht als Urlaub, wenn eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt.
- Urlaubsanspruch während Krankheit: Der Anspruch bleibt bestehen, auch wenn der Arbeitnehmer das ganze Jahr krank ist.
- Verfallfrist: Urlaubsansprüche verfallen 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (BAG, Urteil vom 07.08.2012 – 9 AZR 353/10).
- Hinweispflicht des Arbeitgebers: Damit Urlaub verfallen darf, muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter vorher schriftlich über seinen Resturlaub und den drohenden Verfall informieren (BAG, Urteil vom 19.02.2019 – 9 AZR 541/15).
Urlaubsabgeltung bei Beendigung: Kann der Mitarbeiter krankheitsbedingt keinen Urlaub mehr nehmen, muss der Resturlaub ausbezahlt werden (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Diese Abgeltung ist steuer- und sozialversicherungspflichtig und wird über die Lohnabrechnung abgewickelt.
🗂️ Dokumentation und HR-Praxis
Eine rechtssichere Kündigung wegen Krankheit setzt eine lückenlose Dokumentation voraus. Arbeitgeber sollten:
- Fehlzeiten und Krankmeldungen dokumentieren (AU-Daten, Beginn, Ende).
- bEM-Angebot schriftlich nachweisen.
- Urlaubsansprüche und Resturlaub im HR-System aktuell halten.
- Urlaubsabgeltung korrekt abrechnen.
- Betriebsrat ordnungsgemäß anhören.
Digitale Systeme wie TAXMARO erleichtern diesen Prozess: Die Plattform dokumentiert Fehlzeiten, berechnet Resturlaub automatisch und überträgt Urlaubsabgeltungen direkt in die vorbereitende Lohnabrechnung – rechtskonform, transparent und prüfungssicher.
✅ Fazit: Kündigung wegen Krankheit ist möglich – aber nur als letztes Mittel
Eine krankheitsbedingte Kündigung ist rechtlich möglich, aber nur unter strengen Bedingungen. Arbeitgeber müssen Gesundheitsprognose, betriebliche Beeinträchtigung, Interessenabwägung und bEM-Angebot sorgfältig prüfen und dokumentieren. Auch Urlaubsansprüche bleiben während der Krankheit bestehen und müssen nach Rückkehr oder bei Beendigung korrekt abgegolten werden.
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