Grundsatz: Arbeiten im Ausland ist möglich – aber nicht grenzenlos
Arbeitnehmer dürfen nicht automatisch von überall auf der Welt arbeiten. Ob dies zulässig ist, hängt ab von:
- Arbeitsvertraglichen Regelungen (Arbeitsort, Homeoffice-Klauseln)
- Sozialversicherungsrecht (welches Land ist zuständig?)
- Steuerrechtlichen Aspekten (Einkommensteuer, Betriebsstätte)
- Arbeitsrecht des Gastlandes (z. B. Arbeitszeit, Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch)
Was muss ich als Arbeitgeber in der Lohnabrechnung beachten?
- Lohnsteuerpflicht: Arbeitnehmer können steuerpflichtig im Ausland werden, wenn sie länger dort arbeiten (§ 1 EStG, Doppelbesteuerungsabkommen).
- Betriebsstättenrisiko: Durch längere Tätigkeit im Ausland kann eine steuerliche Betriebsstätte entstehen – mit zusätzlichen Abgabepflichten.
- Vergütung in Fremdwährung: Bei längeren Auslandsaufenthalten müssen Wechselkurse berücksichtigt werden.
Sozialversicherung: Welches Land ist zuständig?
- EU-/EWR-Staaten und Schweiz: Nach der VO (EG) 883/2004 gilt grundsätzlich das Sozialversicherungsrecht des Beschäftigungslandes.
- Ausnahme: Mit einer A1-Bescheinigung bleibt der Arbeitnehmer bis zu 24 Monate in der deutschen Sozialversicherung.
- Drittstaaten: Hier gelten bilaterale Sozialversicherungsabkommen oder, wenn keine bestehen, die nationalen Gesetze. Arbeitgeber riskieren doppelte Beitragspflichten.
Arbeitsrechtliche Vorgaben
- Geltung deutschen Arbeitsrechts: Bleibt grundsätzlich bestehen, wenn der Arbeitsvertrag deutschem Recht unterliegt (Art. 8 Rom-I-VO).
- Zusätzliches ausländisches Recht: Bei längeren Aufenthalten können zwingende lokale Arbeitnehmerschutzrechte gelten (z. B. Mindestlohn, Arbeitszeiten, Kündigungsfristen).
- Mitbestimmung: Betriebsräte haben ggf. Mitspracherechte bei der Einführung von Workation-Regelungen.
Zeitliche Einschränkungen
- Kurzfristig: Workation bis zu einigen Wochen ist oft unproblematisch, wenn A1-Bescheinigung vorliegt und Doppelbesteuerung vermieden wird.
- Mittelfristig (mehrere Monate): Erhöhtes Risiko für Steuerpflicht im Ausland und Wechsel der Sozialversicherung.
- Langfristig (über 183 Tage pro Jahr): Arbeitnehmer gelten in vielen Ländern als steuerlich ansässig; deutsches Steuer- und Sozialversicherungsrecht tritt zurück.
Konsequenzen bei Überschreitungen
- Doppelte Sozialversicherungsbeiträge oder Verlust des Versicherungsschutzes
- Nachforderungen von Steuern und Abgaben durch ausländische Behörden
- Strafen bei fehlender A1-Bescheinigung (z. B. Bußgelder bei Prüfungen)
- Arbeitsrechtliche Konflikte durch Anwendung fremden Rechts
- Betriebsstättenrisiko: Unerwartete Steuerpflichten des Unternehmens im Ausland
Rechtliche Grundlagen im Überblick
- § 1 EStG – Steuerpflicht bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt
- VO (EG) 883/2004 – Sozialversicherung innerhalb der EU
- Art. 8 Rom-I-VO – Vertragsrecht und anwendbares Arbeitsrecht
- § 106 GewO – Direktionsrecht des Arbeitgebers (Arbeitsort)
- § 17 SGB IV – A1-Bescheinigung bei vorübergehender Auslandstätigkeit
- Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – zur Vermeidung doppelter Steuerpflicht
Fazit
Arbeitnehmer dürfen nicht grenzenlos von überall aus in der Welt arbeiten. Für Arbeitgeber sind klare Regelungen, die Berücksichtigung von Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht sowie die Beantragung einer A1-Bescheinigung unerlässlich. Überschreiten Arbeitnehmer zeitliche Grenzen, drohen hohe Nachzahlungen und rechtliche Risiken. Deshalb sollten Arbeitgeber Workation und Remote-Work im Ausland immer vertraglich regeln und rechtlich prüfen lassen.