Was bedeutet „Arbeitszeit vortäuschen“?
Arbeitszeit vortäuschen liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer bewusst falsche Angaben zur Arbeitszeit macht oder Arbeitsleistung vortäuscht, ohne tatsächlich zu arbeiten. Typische Beispiele sind:
- Falsches Ein- oder Ausstempeln in der Zeiterfassung
- Nicht abgestempelte Raucherpausen oder lange Privatgespräche
- Nutzung von Tools wie „Maus-Jiggler“ im Homeoffice, um Aktivität vorzutäuschen
- Abwesenheit vom Arbeitsplatz trotz angeblicher Arbeitszeit
Rechtlich fällt dies unter Pflichtverletzung und kann im Extremfall als Arbeitszeitbetrug gewertet werden.
Welche Möglichkeiten haben Arbeitgeber, Täuschungen zu überprüfen?
Arbeitgeber dürfen Arbeitszeitbetrug kontrollieren – allerdings nur unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben:
- Digitale Zeiterfassungssysteme: Rechtssichere Dokumentation von Beginn, Ende und Pausen (Pflicht nach BAG-Urteil vom 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21).
- Stichproben und Kontrollen: Abgleich von Anwesenheit vor Ort mit Zeiterfassungsdaten.
- Technische Protokolle: Nutzung von Logfiles oder Softwarezugriffen, sofern transparent geregelt und datenschutzkonform (DSGVO, BDSG).
- Gespräche mit Vorgesetzten und Kollegen: Objektive Beobachtungen können den Verdacht stützen.
Wichtig: Heimliche Überwachung (z. B. versteckte Kameras, unerlaubtes Tracking) ist unzulässig und kann Beweise vor Gericht unwirksam machen.
Rechtliche Grundlagen
- § 611a BGB – Arbeitnehmer sind verpflichtet, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen.
- § 106 GewO – Arbeitgeber können Inhalt, Ort und Zeit der Arbeit bestimmen (Direktionsrecht).
- § 4 ArbZG – Pausen sind eigenständig und dürfen nicht als Arbeitszeit angerechnet werden.
- § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG – Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei technischen Überwachungseinrichtungen.
- § 626 BGB – Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund möglich, wenn das Vertrauensverhältnis zerstört ist.
- § 263 StGB – In gravierenden Fällen kann Arbeitszeitbetrug auch strafrechtlich als Betrug gewertet werden.
Konsequenzen für Arbeitnehmer
Wer Arbeitszeit vortäuscht, muss mit ernsthaften arbeitsrechtlichen Folgen rechnen:
- Abmahnung: Bei erstmaligem oder geringfügigem Verstoß.
- Ordentliche Kündigung: Bei wiederholten Pflichtverletzungen.
- Fristlose Kündigung: Bei schwerwiegendem Arbeitszeitbetrug, da ein massiver Vertrauensbruch vorliegt (BAG, Urteil vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10).
- Rückforderung von Lohn: Arbeitgeber können Vergütung für nicht geleistete Arbeit zurückfordern.
- Strafrechtliche Folgen: Bei nachweisbarer Täuschung mit Bereicherungsabsicht kann eine Strafanzeige wegen Betrugs (§ 263 StGB) gestellt werden.
Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
- Klare Regelungen schaffen: Arbeitszeit- und Pausenregelungen schriftlich festhalten (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung).
- Transparente Zeiterfassung: Digitale Systeme nutzen, die manipulationssicher sind.
- Kommunikation: Mitarbeiter regelmäßig auf Pflichten zur Arbeitszeiterfassung hinweisen.
- Stufenweise reagieren: Von Gespräch und Abmahnung bis hin zur Kündigung, abhängig von der Schwere des Verstoßes.
- Datenschutz beachten: Nur rechtmäßige und transparente Überwachungsmaßnahmen einsetzen.
Fazit
Das Vortäuschen von Arbeitszeit stellt eine ernste Pflichtverletzung dar und kann für Arbeitnehmer schwerwiegende Konsequenzen haben – bis hin zur fristlosen Kündigung oder strafrechtlichen Verfolgung. Arbeitgeber haben verschiedene Möglichkeiten, Täuschungen rechtssicher zu überprüfen, müssen dabei jedoch Datenschutz und Mitbestimmungsrechte beachten. Mit klaren Regeln und einer transparenten Zeiterfassung lassen sich Konflikte und rechtliche Risiken vermeiden.